Näher ran
Türkisblau sah ich's durch die Bäume leuchten:
Da war ein Fluss und rings umher war Wald.
Ich regte an, nur rasch die Füße zu befeuchten,
doch wir hatten nicht mal Zeit für'n kurzen Halt.
Fuß auf's Gas saß hinter Glas ich in der Kiste
und ergänzte diesen Ort auf meiner Liste
mit all den Dingen, die ich bald zu tun begehr:
Hier käm ich mit dem Fahrrad wieder her!
Hier käm ich mit dem Fahrrad wieder her!
Näher ran!
Näher ran!
Näher ran, nicht immer nur dran vorbei.
Im nächsten Jahr war Zeit, da fuhr ich Rad,
da fand ich Buchten, wo im Sand die Muscheln krochen.
Unfassbar klares Wasser war mein Bad,
und gefolgt wär ich dem Fluss wohl über Wochen.
Jedoch der Fluss war krumm, die Straße gerade.
Nur unwillig verließ ich das Gestade
und versprach dem Trampelpfad mit leisem Gruß:
Beim nächsten Mal bereis' ich dich zu Fuß!
Nächstes Mal, da bereis' ich dich zu Fuß!
Näher ran!
Näher ran!
Näher ran, nicht immer nur dann und wann.
Im dritten Jahr, da trug ich Wanderschuhe.
Vom Pfad aus war der Fluss zum Greifen nah.
Ich lief und rastete nach Lust in aller Ruhe,
als gegen Abend ich die Boote treiben sah:
Schwerelos trug sie der Strom ins Dämmerlicht,
und ich auf meinen Schultern Packgewicht.
Mit leisem Neid erfasste mich der Plan:
Im nächsten Sommer reise ich per Kahn!
Nächsten Sommer, da reise ich per Kahn!
Näher ran!
Näher ran!
Näher ran, nicht immer nur dran entlang.
Und diesen Sommer lass ich mich nun tragen:
Das Heck von meinem Boot ist überdacht.
Die Beine häng ich raus an langen Tagen
und leg am Ufer an in sternenklarer Nacht.
Doch bald schon wird mein Fluss ins Meer wohl münden.
Auf Landwegen muss ich dann heimwärts finden,
denn stromaufwärts paddeln ist nicht ideal –
Im nächsten Leben reise ich als Aal.
Nein,
stromaufwärts paddeln ist nicht menschgerecht –
Im nächsten Leben reise ich als Hecht.
Näher ran!
Näher ran!
Näher ran, nicht immer nur näher ran.
Näher ran!
Näher ran –
und selber Fluss sein, irgendwann.
(Holger Saarmann)
© by Holger Saarmann, September 2018
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Get Closer
I saw
the turquoise blue shine through the trees:
There was a river, surrounded by the woods.
I suggested to just swiftly
bathe our feet,
but there wasn't even time for a quick
stop.
Foot on the gas, sitting in a box behind glass,
I added this place to my list
with all the things I was going to do soon:
I would come
back here by bike!
I would come
back here by bike!
Get closer! Get closer!
Get closer,
not always just passing by.
The next year gave me time: I cycled,
discovering bays with shells
crawling in the sand.
Intangibly clear water was my bath,
and I would have followed the river for weeks.
However, the river winded, the road was straight,
so, reluctantly, I left the shore
and, with a gentle salute, I promised the trail:
Next time, I'll be back by foot!
Next time, I'll be back by foot!
Get closer! Get closer!
Get closer,
not always just on and off.
In the third year, I wore hiking boots.
From the path, the river was
all within reach.
Unhurried, I walked and rested as I pleased,
when, in the dusk, I saw the boats drifting:
Weightlessly, the stream carried them into the dim light,
unlike me with the pack weight on my shoulders.
With a little envy, I was captured by the plan:
Next summer, I'll travel by boat!
Next summer, I'm going by boat!
Get closer!
Get closer!
Get closer,
not always just alongside.
And this summer, I let myself be carried:
The stern of my boat has a roof.
On long days, I hang my legs out
and moore on the bank in a starry night.
But soon, I presume, my river will mouth into
the sea.
Then I will have to find back home overland,
because paddling upstream is not ideal
–
In my
next life,
I'll travel as an
eel.
No, paddling upstream is not humane –
In my next life,
I'll travel as a
pike.
Get closer! Get closer!
Get closer,
not always just getting closer.
Get closer! Get closer
–
becoming the river myself, some day.
(Holger Saarmann)
© by Holger Saarmann, September 2018
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