Viel zu dünne Haut


Ein Knall. Der Himmel explodiert. Die Druckwelle zerfetzt dich.
Dein Todesschrei, Echo eines Traumes, täuschend echt
in die Stille deines wohlvertrauten Raums passt er nicht recht.
Die Nacht, die dich umfängt, ist friedlich, keine Spur entsetzlich.
Doch in diesen Augenblicken ist dein Schutzpanzer geschwächt.
Dein rasender Puls, der warnt: Der Frieden ringsum trügt!
Sicher fühlt sich auf der Welt nur, wer sich selbst belügt.
In Wahrheit sind wir alle fürchterlich verletzlich.


Die Decke, die du dir übers Gesicht ziehst, sie ist nutzlos,
genau wie die, die sich über die Zimmerwände spannt:
Der kleinsten Kollision mit Masse X hält hier nichts nicht stand.
Das Leben ist ein Kartenhaus, Kulisse hinter Putz bloß!
Geboren heißt verloren sein, das hast du nun erkannt.
Und gab man dir Geborgenheit als Tochter oder Sohn,
so danke deinen Eltern für die schöne Illusion.
In Wahrheit sind wir alle unbeschreiblich schutzlos.


Bei Licht besehen stellt sich unser Leben gern heiter und gesund dar,
doch erbarmungslos enthüllt die Nacht, worauf man tags vertraut.
Darunter haben Ahnungen und Ängste sich angestaut,
begründet durch die Nachrichten aus aller Welt, oder ohne Grund gar.
Im Ernstfall schützt dich nur die eigene, viel zu dünne Haut;
und sie zu retten ist dir nicht einmal in deinem Traum vergönnt.
Gut möglich, daß man's nirgendwo sonst so konsequent erkennt:
In Wahrheit sind wir alle ungeheuerlich verwundbar.


(Holger Saarmann)

© by Holger Saarmann, Januar 2016



Much too thin Skin


A bang. The sky is exploding. The blast tears you apart.
Your death cry, echo of a dream that felt deceptively real,
it does not quite fit into the silence of your familiar room.
The night that surrounds you is peaceful, no horror at all.
But in these moments, your protective armor is weakened.
Your racing pulse warns: The peace around is delusive!
Only those who lie to themselves feel safe in the world.
In truth, we all are so awfully violative.


The blanket you pull over your face, it is useless,
just like the ceiling that spans from wall to wall:
Nothing here will stand the smallest collision with mass X.
Life is a house of cards, just a coulisse behind plaster!
Being born means to be lost, you have now realized that.
And if, as a daughter or son, they gave you security,
then thank your parents for the nice illusion.
In truth, we are all ineffably defenceless.


Seen by light, our lives appear cheerful and healthy.
but the night mercylessly reveals what we trusts at day.
Underneath, suspicions and fears have pented-up,
caused by the worldwide news, or even without cause.
In emergency, you will only be protected by your own, much too thin skin;
and saving it, you're not even granted in your dream.
Quite possible that nowhere else you recognize so forcefully:
In truth, we are all tremendously vulnerable.


(Holger Saarmann)

© by Holger Saarmann, January 2016

 



>> CD "Selber leuchten"






Begonnen im Oktober 2015 für das "Geschmacksverstärker"-Motto "Verletzlichkeit"



                                       




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